Jahnsportpark: Artenschutz ignoriert – Abriss gestoppt

von | Okt 7, 2024 | Presse

Der Umweltverband NaturFreunde Berlin wird einen Eilantrag an das Berliner Verwaltungsgericht stellen, um Abrissarbeiten am Stadion zu stoppen, bis der Artenschutz im Jahn-Sportpark ausreichend berücksichtigt worden ist. Die Bürgerinitiative Jahnsportpark schließt sich dieser Initiative an.

Seit 2020 liegt der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ein von ihr selbst beauftragtes Artenschutz- Gutachten für den Jahn-Sportpark vor. Seit vier Jahren muss ihr daher die hohe Bedeutung sowohl der Gebäude als auch der angrenzenden Bestandsbäume und -büsche für europarechtlich geschützte Vogelarten und Fledermäuse bekannt sein. Erfasst wurden nämlich bis zu 25 Brutvogel- und neun von 16 der in Berlin vorkommenden Fledermausarten.

Im Zuge des geplanten Stadionabrisses kommt es zum Verlust einer hohen Anzahl von Brutplätzen am Stadion, an der Westtribüne und den Nebengebäuden. 4.100 qm artenschutzrelevante Grünflächen sollen versiegelt und für den Stadionneubau ca. 50 Bäume gefällt werden. Trotz des für den 07.10.2024 anvisierten Baubeginns fehlen derzeit > 359 Nisthöhlen und Quartiere für Vögel und Fledermäuse, die laut Artenschutzrechtlichem Fachbeitrag vom Juli 2024 „bis spätestens 28.02. diesen Jahres“ vorgezogen als Ausgleichs-Maßnahmen zu realisieren waren.

Dabei handelt es sich um sogenannte CEF-Maßnahmen (continuous ecological functionalitymeasures, d.h. Maßnahmen zur dauerhaften Sicherung der ökologischen Funktion von Ruheund Fortpflanzungsstätten). „Die gesetzliche Grundlage in Deutschland ergibt sich aus § 44 Abs. 5 […] Bundesnaturschutzgesetz […]. Entscheidendes Kriterium für die Wirksamkeit solcher Maßnahmen ist, dass sie vor einem Eingriff in direkter funktionaler Beziehung durchgeführt werden. Eine ökologisch-funktionale Kontinuität soll ohne zeitliche Lücke gewährleistet werden. Es handelt sich um eine zeitlich vorgezogene Ausgleichsmaßnahme.“

Die BI Jahnsportpark kann nicht nachvollziehen, weshalb die Senatsverwaltung – übrigens entgegen der Aussage des Bausenators Gaebler im Sportausschuss am 13.09.2024 – in all den Jahren ihrer gesetzlichen Verpflichtung nicht nachgekommen ist. Es wurden weder wirksame Artenschutzmaßnahmen zum Erhalt von Höhlenbrütern und Fledermäusen getroffen noch entsprechende Ausnahmegenehmigungen eingeholt, obwohl ein von der Senatsverwaltung selbst beauftragtes Gutachten dies als erforderlich ansieht.

Der Umweltverband NaturFreunde Berlin wird daher einen Eilantrag an das Berliner Verwaltungsgericht stellen, um Abrissarbeiten am Stadion zu stoppen, bis der Artenschutz ausreichend berücksichtigt worden ist.

Die NaturFreunde kritisieren, dass seit mehr als vier Jahren die artenschutzrechtlichen und fachlichen Erfordernisse, wie das Aufstellen von Sperlingstürmen und Anbringen von Fledermausquartieren hinreichend bekannt sind, die zuständige Senatsverwaltung aber in all der Zeit nicht fähig oder willens gewesen sei, die gesetzlich vorgeschriebenen Vermeidungsmaßnahmen für den Artenschutz zu treffen.

Rechtzeitige Ausgleichsmaßnahmen und Nachpflanzungen sind die Voraussetzung, um Berlins Artenvielfalt im Zuge der flächigen baulichen Umgestaltungen zu erhalten. Hierzu hat Berlin sogar eine eigene Verpflichtung abgegeben. Die Bürgerinitiative Jahnsportpark und der Verband betonen, dass sie sich nicht generell gegen eine Bebauung wenden und schon gar nicht gegen die berechtigten Belange der Inklusion bzw. des Inklusionssports. Sie fordern jedoch ein rechtskonformes Prüf- und Genehmigungsverfahren, in dem die Belange der Anwohner*innen sowie die von Natur- und Umweltschutz ausreichend berücksichtigt werden. Das ist nichts weiter als die Einhaltung geltenden Rechts – eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

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